Freitag, 18. März 2011

MS Nordkapp - Weiße Welt und tanzende Feen in grünen Schleiern

Im Winter 2010 hat ein Reisebericht mit unwirklich erscheinenden, fantastischen Bildern meine Gehirnzellen zur Überlegung angeregt. Auf diesen Bildern sah man eine traumhafte Landschaft, hohe Berge, weiße Weite, blaues Meer, dampfendes Wasser und mystisches Polarlicht. OK, hohe Berge, weiße Weite, das kann man in den Alpen ja auch haben, aber wo ist das Wasser, aus dem die Berge senkrecht empor steigen und dann natürlich das Nordlicht, dieses so unwirklich erscheinende Phänomen - all diese Eindrücke vermittelte dieser Reisebericht. Kann man das wirklich so erleben, oder sollte man es besser in die Kategorie Wunschdenken verschieben? Grübel, Grübel....
Also, wenn man Kälte nicht mag, Schnee nicht mag und den Winter schon überhaupt nicht mag, was liegt da näher als solch eine Reise in arktische Gefilde zu machen. Man soll doch den Teufel mit dem Belzebub austreiben und genau aus diesem Grunde habe ich mich entschlossen, mir dieses Extremerlebnis zu gönnen und mit einem Hurtigruten-Postschiff im Februar zum Nordkap zu fahren. 
Postschiff ist ja heute nicht mehr der richtige Ausdruck, denn aus der ehemaligen Postschiffreise ist eine Fährschiff-Kreuzfahrt geworden, wobei sich Kreuzfahrt eher auf das kreuz und quer durch die Inselwelt bezieht
Ein Schiff der alten Generation: die Nordstjernen


Ein Schiff der neueren Generation: MS Nordkapp


Der Reiseplan sollte folgendermaßen aussehen. Abreise am 23. Feb. 2011 mit der Bahn nach Frankfurt, einmal übernachten und am 24. Feb. Flug nach Bergen. Ein bisschen Bergen anschauen, an das "nordisch-kalte" Klima gewöhnen und am 25. Feb. an Bord der MS Nordkapp Bergen verlassen um den nördlichsten Punkt der Reise anzusteuern, das Nordkap, weiter nach Kirkenes an der Barents-See und an der russ. Grenze. Danach wieder zurück nach Bergen. Ankunft dort am 8.3. Eine weitere Übernachtung und am 9.3. Rückflug nach Frankfurt und wenn mich die DB wieder mitnimmt, zurück nach Kufstein. Die Buchung war kein Problem, 20% Frühbucher-Rabatt und da der Single-Zuschlag auch noch wegfiel, stellte sich ein Gefühl der Zufriedenheit ein. Die Vorfreude schob den Gedanken an eventuelle witterungsabhängige "Unfreuden" in den Hintergrund. 
Im Kreuzfahrten-Forum fanden sich dann auch zwei Gesinnungsgenossen und man freute sich gemeinsam auf den Beginn der Reise. Der Abreisetermin rückte näher und Streikankündigungen der Lokomotivführer der DB bescherten mir noch bange Stunden. Ein Tag vor meiner Abreise wurde wirklich gestreikt, aber am nächsten Tag ging alles glatt. Wie geplant kam ich am 24.2.2011 in Bergen an. 
Schon beim Anflug wurde klar, das wird nix mit der klirrenden Winterkälte und atemberaubenden Winterlandschaft in Norwegen - es regnete. Die Temperatur lag bei ca. +8° und der Wind pfiff um die Ohren - na wenigstens das, wenn man sich schon mal auf "abscheuliches" Winterwetter eingestellt hatte. 
In Frankfurt traf ich bereits Sandra aus dem Forum, sie kam aus Wien. Mit dem Flybussen fuhren wir in die Stadt und jede bezog ihre Unterkunft und wir verabredeten dann uns gleich wieder zu treffen um einen Streifzug durch Bergen zu unternehmen, vor allem, um den Weg zum Hurtigruten-Terminal für den nächsten Tag auszukundschaften. Gesagt, getan, wir stellten fest, bei dem Sauwetter ist der Weg zu Fuß und mit Gepäck nicht ratsam.
Abends trafen wir uns noch einmal in einer "bezahlbaren" Pizzeria und der Tag konnte angenehm ausklingen. Es goss in Strömen und der Regenschirm verweigerte den Dienst, da der starke Wind ihn ständig umklappte. Schöne Aussichten für den nächsten Tag, aber wir trösteten uns mit dem Gedanken, die Reise ging ja nach Norden und der Regen würde ja bald aufhören.
Am nächsten Morgen unternahm ich noch eine Fahrt mit der Standseilbahn auf den Hausberg von Bergen, den Floyen. Die Sicht war natürlich äußerst bescheiden, aber ich war dennoch zufrieden. Ein Spaziergang durch den Stadtteil Bryggen - Weltkulturebe - rundete den Vormittag ab.

Um 13h sind wir dann mit dem Taxi zum Hurtigruten-Terminal gefahren, es goss in Strömen! Gepäck konnte schon abgeliefert werden und dann hieß es warten auf die Ankunft der MS Nordkapp, die für 14:30h geplant war. Inzwischen war auch der Dritte im Bunde, Jörg aus Münster/Westfalen eingetroffen und wir erwarteten sehnsüchtig "unser" Schiff.
Pünktlich schob sie sich rückwärts ans Terminal heran. Super - sie war schon mal da!

Um 16h konnten wir an Bord, die Kabinen sollten um 18h frei gegeben werden.
Der Check-in verlief dann äußerst zügig, aber dann hat es sich gedehnt- es war Schlange stehen angesagt, zur Registrierung der Kreditkarte, damit die Zahlungsfunktion der Cruise-Card aktiviert werden konnte. Das hat nicht wirklich gut geklappt. Genannt wurden dafür mehrere Stationen, gemacht hat es schließlich nur eine. Da wir versucht haben der Schlange zu entgehen und andere, genannte Stationen in Anspruch nehmen wollten, wurden wir mit der Aussage - "nur auf Deck 4" wieder in die Schlange zurückgeschickt und mussten uns natürlich wieder hinten anstellen. Nur Sandra nicht - Schmalzlocke an der Rezeption hat bei ihr eine Ausnahme gemacht. Hähhh?! was soll das??! - Wiener Schmäh - oder was?
Aber auch das ging vorbei und wir konnten uns den "Überlebensbecher" beschaffen. Das ist eine durchaus praktische Einrichtung bei Hurtigruten - ein Blechgefäß mit Deckel mit dem man zu jeder Tages- und Nachtzeit beliebig Kaffee und Tee holen konnte. Bei den Preisen auf dem Schiff wurde dies gerne angenommen. 

Meine Kabine war eine Innenkabine im Vorschiff, einfach, zweckmäßig, aber durchaus ausreichend. 
Das Schiff, die MS Nordkapp wurde 1996 in Ulsteinvik, Norwegen gebaut, verfügt über 481 Betten und kann mit Tagesgästen maximal 691 Passagiere aufnehmen. Befördert werden also Passagiere, Autos, Fracht - eben alles was man in den entlegensten Landesteilen Norwegens so brauchen konnte. Sie ist 123,3 m lang und 19,5 m breit und fährt mit einer Reisegeschwindigkeit von 15 Knoten. 


Die Nordkapp hat 7 Decks, 6 davon sind für Passagiere zugänglich. 
Auf Deck 2, im hinteren Bereich befindet sich das Autodeck. Vorn sind Passagier- und Crewkabinen, ein Fitnessraum und die Sauna.
 Auf Deck 3 befindet sich der Ein/Ausgang, die Rezeption, eine Wäscherei und zahlreiche Passagierkabinen.
 Auf Deck 4 sind nur öffentliche Bereiche, 2 Konferenzräume, die Bibliothek, die Reiseleitung/das Ausflugsbüro, die Caféteria, der Bordshop, Inernetecke (funktionierte fast nie) Kinderspielzimmer und das Restaurant. 

Auf Deck 5 befinden sich ausschließlich Passagierkabinen und außen eine Rundumpromenade.
Auf Deck 6 befindet sich die Kommandobrücke, innen wieder Passagierkabinen und am Heck außen noch 2 Whirlpools.
Auf Deck 7 liegt vorne der Panorama-Aussichtssalon, in der Mitte eine Lounge mit Bar und hinten außen ein großes Sonnendeck. (Nordlicht-such-schau-Deck) 

Die Verpflegung kann man nur als super-über-drüber- bezeichnen - jedenfalls für meinen Geschmack. Es gab ein sehr gut bestücktes Frühstücksbuffet und ein Lunchbuffet das meinen Meeresgetier-Essenswünschen mehr als entgegen kam. Diese beiden Essenszeiten konnten in freier Sitzplatzwahl und innerhalb der langen Öffnungszeiten des Restaurants in Anspruch genommen werden. Am Abend gab es zwei Sitzungen. Wir hatten einen festen Tisch in der ersten Tischzeit und ein 3-gängiges, fixes Menü wurde serviert. Es gab hauptächlich Fisch, manchmal auch ein Fleischgericht.
Wir 3 trafen uns mehrheitlich zu den Essenszeiten und sonst ging jeder seinen eigenen Vorlieben nach. Somit gab es immer genug zu erzählen.
Das Unterhaltungsprogramm wurde von der Natur selbst gestaltet. Da es sich hier um keinen Kreuzfahrer handelte, gab es außer ein paar Info-Veranstaltungen und Bildvorträgen keine nennenswerten Angebote. In der Bar versuchte sich ein klavierspielender Herr und ein zirpendes Persönchen in very high heels im Playbackverfahren. Ich möchte mich hierzu nicht näher äußern, die Bar habe ich zum Zeitpunkt der "Darbietungen" gemieden.
Es werden auf dieser Reise zahlreiche Häfen angefahren, man kann das Schiff prinzipiell in jedem Hafen verlassen, wenn auch manchmal nur für 15 Minuten. Häfen die auf der norgehenden Route nachts angefahren werden, erlebt man dann auf der südgehenden Route in der Regel bei Tage und umgekehrt. Man ist ständig darauf bedacht den Fahrplan einzuhalten, wenn es mal eine witterungsbedingte oder verladetechnische Verzögerung gibt, dann wird die Liegezeit im nächsten Hafen entsprechend verkürzt.



So, nun geht die Reise wirklich los. Am ersten Abend gab es eine Info-Veranstaltung in der auch gezeigt wurde wie im Ernstfall der Überlebensanzug anzuziehen ist.
Mit Schwimmwesten ist da nix mehr zu machen bei einer Wassertemperatur von 4° und tiefer. Also, den "Überlebensbecher" mit Kaffe oder Tee zu füllen ist einfacher!
22.30 Uhr, die MS Nordkapp lief aus Bergen mit Kurs Norden aus.

Wir wurden vorgewarnt wegen der Geräusche des Bugstrahlruders und des Ankers. Beim ersten Anlegen nachts hörte ich das Bugstrahlruder, wachte auf, sagte - "liebes Ruder - ich kenne nun dein Geräusch - tu deine Arbeit und lass mich in Frieden!" - So geschehen und alles lief bestens. Am nächsten Morgen hielt es mich nicht in der Koje, also raus und schon mal Luft schnuppern. In Maloy war es noch dunkel. 
Die Weiterfahrt war äußerst interessant - es regnete und stürmte - einfach toll! 
Aber irgendwann müsste es doch mal aufhören zu regnen...oder? 
Nachmittags wurde Alesund erreicht. Hier gab es Zeit für einen ausgedehnten Landgang. Das Wetter besann sich und bescherte uns sogar Sonnenschein. Diese Stadt war ausgesprochen sehenswert und jeder Liebhaber des Jugendstil-Baustils hätte die größte Freude bei dieser Besichtigung. 
Die Fahrt ging weiter nach Molde, wir überquerten dann eine kurze Strecke über offenes Wasser, genannt Hustadvika, die sich eher nach "Schiffchen fahren" anfühlte. 
Der größte Teil der Strecke wurde zwischen den Inseln gefahren und war dadurch seegangsmäßig eher als sehr ruhig zu bezeichnen. Diese offenen Teilstücke ließen dann schon manchmal die Tassen tanzen. Sie dauerten aber meistens nicht länger als 1 - 2 Stunden.

Frühmorgens liefen wir dann in Trondheim ein. Sonne, wie schön - es war Sonntag und "die" Sehenswürdigkeit dieser Stadt sollte besucht werden - der Nidaros-Dom. 
Der Weg dorthin wurde zum Eiertanz. In Norwegen wird nicht gesalzen und gestreut - blankes Eis wohin man schaute. Falsche Schuhe an - die mit den Spikes standen in der Kabine - das kommt nicht noch einmal vor! Feenmäßg schwebte ich über das Eis (krrrr) und konnte die wirklich schöne Stadt im Morgenlicht unbeschadet genießen.
Der nächste Tag bescherte uns dann die angekündigte Überquerung des Polarkreises. Wir wurden aufgefordert zwischen 6:30h und 8h auf Deck 7 achtern zu erscheinen, da der Zeitpunkt ja nicht genau feststünde. 
Ein Bilderbuch-Morgen - erste Sonnenstrahlen hinter Wolken - ein irres Farbenspiel - und um 7:20h war es dann so weit. Die Kugel stand querab, der Breitengrad des Polarkreises 66°33´wurde mit einem langen Ton des Schiffstyphons begrüßt.
Später kam dann König Neptun und taufte die Taufwilligen mit einem Schöpfer voll Eiswürfeln ins Genick und einem Schluck Aquavit. 


Auch als Taufunwilliger bekam ich die obligatorische Mütze mit der Aufschrift "Hunting the Light" und das Zertifikat.
"Hunting the Light" - Jagd nach dem Licht - das war ab jetzt das Thema. Kopf zurück - Kinn über Nase - und wenns dann am Himmel grün wird - Jagderfolg - das ist dann das Nordlicht. Warten wir es ab.
Station nach Station wurde abgespult. Das Einlaufen wurde natürlich so oft es ging miterlebt. Wind und Wetter trotzend, mittlerweile abgehärtet. Na ja, kalt war es ja nicht - höchstens ein bisschen windig. Die Landschaft zog vorüber, man fragte sich, wie kann man im Winter hier leben? Die bunten, norwegischen Häuser riefen doch immer wieder Entzücken hervor, die Landschaft war grandios und das schien sich Meile für Meile zu steigern. 

Nun stand ich auch nachts draußen, ließ mir den Wind um den gut geschützten Kopf wehen, die Nase war zwar eiskalt, aber die Suche nach dem grünen Leuchten war einfach stärker. Und da, da war doch was - ja die Wolkendecke war aufgerissen und Sterne standen da oben und etwas war ganz leicht grün - Nordlicht? 
Nun wurde Tromsö erreicht - das Tor zur Arktis. Hier hatte ich einen Ausflug gebucht, Stadtrundfahrt, mit dem Ziel Eismeerkathedrale und die lag auf der anderen Seite des Hafens, erreichbar nur über eine lange Brücke.
Das Wetter verschlechterte sich wieder mal, auch hier nur Regen. Traurigkeit schlich sich ein, denn mit dieser Wolkendecke gab es natürlich kein Nordlicht, na ja - gehen wir eben in die Koje. Aber irgendwann müsste es doch mal aufhören zu regnen...oder?
Das Telefon in der Kabine hatte eine "Info"-Taste. Wenn diese aktiviert war, konnte man den "Nordlicht-Alarm" hören der von der Brücke gegeben wurde.
Gerade eingeschlafen - Alarm - Nordlicht 23:30h. 

Jetzt aber raus! Vorbereitend, vorausdenkend hat man ja die Klamotten schon so hingelegt, um schnellstens kälteresistent an Deck erscheinen zu können. Es hat geklappt - fantastisches Nordlicht - der ganze Himmel grün, tanzende Lichter! Unbeschreiblich!
Die Bilder vom Nordlicht hat mir unsere Mitreisende Sandra zur Verfügung gestellt.

Zufrieden wieder in die Koje, weiterschlafen, morgen zum Nordkap!
Ein bunter Wetterreigen stellte sich ein, Schnee, Wind, ein paar Sonnenstrahlen, hellblauer Himmel hinter dichtem Schneegestöber, so empfängt uns Honningsvag.
Mann oh Mann das hat ja aufgehört zu regnen - jetzt schneit es nur noch! Von hier ging es nun mit Bussen zum Nordkap. Hier war sie nun, diese grandiose, weiße Weite. 

Der letzte Abschnitt wurde im Konvoi gefahren, angeführt von einem Schneepflug, aus Sicherheitsgründen - da oben kann allerhand passieren. 
Das Kap war erreicht und die menschliche Schlange wand sich nun in Richtung der berühmten Kugel. 
Der Wettergott hatte ein Einsehen, es hörte auf zu schneien, die Sicht war gut und jeder konnte sein "Zielfoto" schießen. 

Auf der Rückfahrt gab es dann wieder richtiges Arktiswetter, man konnte die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Liebes Schiff, lass uns rein - ach wie fein!
Aber nun zeigte sich, dass die beste Planung nichts nützt, wenn das Wetter nicht will. Wir wurden zu einer Info-Veranstaltung gerufen und es wurde uns mitgeteilt, Kirkenes könne nicht angelaufen werden - Sturm, Windstärke 12, Wellen 15 - 18m. Da musste sogar die Hurtigrute klein beigeben. Plan B trat in Kraft. Umkehr in Honningsvag und hinein in den Altafjord. Ganz hinten drin liegt die Stadt Alta, dort sollten wir nun abwettern.
Nun gab es aber viele Probleme: ein Teil der Passagiere sollte in Kirkenes aussteigen und zurück fliegen. Andere sollten nach Kirkenes fliegen und an Bord gehen. Es folgte ein ziemlich chaotisches Umbuchen und Umorganisieren.
Um 6h früh sollte dann ein Bus mit den Ausgestiegenen Richtung Kirkenes fahren, ca. 500 km. Die waren natürlich "hocherfreut!" Aber wer hat schon die Gelegenheit mit einem Bus durch eine Gegend zu fahren in der es nicht sicher ist, ob Straßen überhaupt befahrbar waren?
Auf dem Weg nach Alta fuhren wir am Abend an der riesigen Raffinerie von Hammerfest vorbei, sie war taghell erleuchtet.



Schneegestöber, Wind, Sturm, um 23h suchten die Scheinwerfer an einem kleinen Fischeranleger die Poller um die Leinen für das Schiff festzumachen. Kleiner Anleger, großes Schiff, aber nach einiger Zeit lagen wir gut.
Am nächsten Morgen - Schneegestöber - Sonnenstrahlen, schön abwechselnd. Ich machte sogar einen Spaziergang, hier herrschte wirklich tiefster Winter. 







Der nächste Schneeschauer kündigte sich an, schnell zurück - noch geschafft. 


Was dann folgte war ein Schneesturm - Blizzard - sowas hatte ich noch nie gesehen. Schön zum Anschauen wenn man im warmen Salon sitzen kann, den Überlebensbecher gefüllt mit einem guten Käffchen. 


Das Schiff war nun in Schnee und Eis gehüllt. 



Im Laufe des Vormittags streckte ein weiteres Hurtigrutenschiff - die Nordnorge, ihren Bug in den Fjord und machte am Stadthafen fest. Sie erreichte nicht einmal das Nordkap und musste schon in Hammerfest aufgeben. Sie leistet uns nun Gesellschaft, manchmal sichtbar durch den Schneevorhang, dann wieder verschwunden im arktischen Schneesturm. 





Aber am Abend, da gings noch mal richtig zur Sache - Nordlicht Alarm um 21:30
Es hatte aufgeklart und der Himmel wurde grün, da tanzten sie wieder die Trolle und Feen, sie alle hatten sich wieder versammelt und ließen uns nur noch staunen

 - ohne Worte!




Der Transfer nach Kirkenes scheint geklappt zu haben, die Rückfuhr war dann um 
23h an Bord - total kaputt aber glücklich. 
Die Abfahrt aus Alta war für den nächsten Tag um 7h früh angekündigt und pünktlich hörte ich auch dann schon das Bugstrahlruder, das uns vom kleinen Fischeranleger wegdrückte. Also auf auf ihr Hasen....Es folgte eine Fahrt durch eine neue, fantastische Traumwelt. 
Wir kamen dann um 10:30 in Hammerfest an. Hammerfest gilt immer noch als nördlichste Stadt Europas, zu Werbezwecken, obwohl Honningsvag nördlicher liegt. Hammerfest erlaubte dann auch wieder einen tief winterlichen Spaziergang und außerdem wurde ich Mitglied im Eisbärenclub. Diese Vereinigung schützt die Eisbären der Arktis, deren Lebensraum derzeit durch das Schmelzen des Eises arg schrumpft.
Wir verlassen Hammerfest um 12:45h und reihen uns dadurch wieder in den regulären Fahrplan der südgehenden Hurtigruten-Schiffe ein.


Am nächsten Morgen in Harstadt hieß es früh aufstehen, frühstücken und dann raus zum Ausflug über die Inseln der Vesteralen. Abfahrt war kurz nach 8h. Es schneite mal wieder wie aus Federbetten, Frau Holle ging das Material wohl nie aus? Aber es war ein schöner Ausflug, wetterbedingt sehr interessant, tolle Ausblicke durch Schneevorhänge hinter denen das Sonnenlicht schneebedeckte Gebirgsketten beleuchtete.

Der totale Gegensatz zu den Postkartenidyllen, aber dieses Wetter hatte dann doch auch seinen ganz besonderen Reiz.
Das Schiff war inzwischen weiter gefahren und sollte uns in Sortland wieder aufnehmen. An der Brücke nach Sortland hieß es dann, das Schiff habe Verspätung und man müsse hier warten. Dann kam sie und das Empfangskomitee mit bunten Ballons war an Deck. Während die MS Nordkapp unter der Brücke durchfuhr überquerten wir diese und konnten uns gegenseitig zuwinken. 
Nachmittags kamen wir nach Stokmarknes, hier ist das Hurtigruten-Museum eingerichtet und hier liegt die alte Finnmarken hoch und trocken an Land und ein Teil davon kann besichtigt werden. Das Museum selbst ist interessant, da sehr anschaulich auch die Einrichtung und technischen Ausstattung der Schiffe im Wandel der Zeit dargestellt wird.
Ein ganz besonderer Leckerbissen erwartete uns an diesem Nachmittag. Die Fahrt durch den Raftsund - nordgehend nachts - und nun begleitet von allen arktischen Wetterkapriolen.
Der Kapitän machte uns noch ein besonderes Geschenk, er schlug einen Haken und stellte das Schiff vor den Eingang des Trollfjordes. Dieser ist an der Mündung in den Raftsund nur 100m breit. Im Sommer wird hinein gefahren und drin gedreht, aber im Winter ist das wegen Lawinengefahr nicht möglich. Ein richtiger "Staun-Moment". Danke Käptn! Das Wetter hat hier wunderbar mitgespielt, vom Schneegestöber bis zu farbenprächtigen Aufhellungen war alles geboten. Übrigens hatten wir hier die tiefste Temperatur der Reise: ganze -2°.



Und noch einmal als Draufgabe: Nordlichtalarm! Ich war gerade beim Haare föhnen als die Durchsage kam. Mit halbnassen Haaren, schnell ein Kopftuch drum gewickelt und Haube aufgesetzt und raus zum Fest der Feen, die mit ihren grünen Schleiergewändern über den Himmel tanzten. 




Auf unserem Weg nach Süden näherten wir uns wieder dem Polarkreis. Das Wetter war gut, aber der Windchill ließ uns ganz schön schauern als wir an Deck standen und wieder an der Kugel vorbei fuhren. 

Ach ja, und da war doch noch der "Berg mit Loch" - mitten durch!
Es gab auch immer mal wieder Begegnungen mit den anderen Hurtigruten-Schiffen.
Und weil wir es so liebten, noch mal einen anständigen Schneesturm während des Captains-Dinners. Die offenen Seestrecken ließen auch grüßen mit Schräglage und Bocksprüngen. Dieses Verhalten hielt dann auch die ganze Nacht über an. Versuche, mich aus dem Bett zu schütteln konnten erfolgreich abgewehrt werden, wenn auch einige Male unter Aufbietung aller Kräfte - lustig!

Am nächsten Morgen in Trondheim war dann der ganze arktische Zauber vorbei, Sauwetter, Regen. Da ich ja beim ersten Anlauf Wetterglück hatte, verzichtete ich hier auf einen weiteren Landgang. Die kleine, alte Lady "Lofoten" lag hinter uns, konnte aber leider nicht besichtigt werden, da sich ganz heimlich der Norovirus bei uns eingeschlichen hatte und man eine weitere Verbreitung befürchtete. Das Desinfizieren der Hände wurde zwar immer wieder angeraten, aber dann doch etwas halbherzig durchgezogen. Die Spender waren oft leer.
Es gab anscheinend ein paar Fälle bei uns an Bord, sogar den Käpten hat es erwischt und er musste für ein paar Tage sein Regiment abgeben. Laut Aussage unseres Reiseleiters hat man den Käpten von einem anderen Schiff "geklaut".
Die Weiterfahrt erfolgte dann unter grauen, gräuslichen Wetterbedingungen. Auf Landgang gehen hieß nass werden, dann schon lieber in der trockenen Panorama Lounge sitzen und andere bedauern die fetznass wurden.
Die letzte Nacht an Bord zeichnete sich dadurch aus, dass die Normalgeschwindigkeit des Schiffes von 15kn durch Wind und Wellen herabgesetzt werden musste. Am Morgen hatten wir schon 2 Std. Verspätung - man werde versuchen diese noch aufzuholen. Tja, Hohe Wellen und zu hohe Geschwindigkeit verträgt sich nicht ganz. Wir saßen gerade beim Mittagessen im Heck des Schiffes und sahen direkt auf die Schraubenwirbel. Das Schiff tauchte mit dem Bug immer tiefer ein, dann kam ein Krach und die Motoren waren aus - Stille - unheimliche Stille - kein Schraubenwasser mehr. 

Nur der Sturm tobte weiter. Es schien eine Notabschaltung gegeben zu haben als der Bug zu tief ins Wasser tauchte und die Schrauben aus dem Wasser kamen. Wir haben schon mal kurz geschluckt, aber dann sprangen die Motoren wieder an, die Schraubenwirbel waren wieder da, kurzes Aufatmen und die Fahrt konnte fortgesetzt werden, aber mit reduzierter Geschwindigkeit.

Die Sturmsituation hat sich dann auch beruhigt als wir wieder im Schutze der Inseln fuhren. So konnten wir dann unsere letzte Etappe nach Bergen relativ ruhig zurücklegen. Bergen empfing uns mit strömendem Regen, 6°, und 1 1/2 Std. Verspätung. 
Durch die Verspätung gab es wieder Umbuchungschaos, denn viele hatten den Flieger zu knapp gebucht. Fazit - kein einziger kam mehr aus Bergen weg an diesem Tag und wir trafen dann alle deutschen Gäste am nächsten Morgen wieder, als wir unseren geplanten Rückflug antraten.
Den letzten Tag beschlossen wir noch einmal mit einem Pizzeria-Besuch, suchten unter strömendem Regen unsere Unterkunft auf und flogen am nächsten Tag nach Frankfurt. Sogar bei mir ging alles planmäßig, der Streik der Lok-Führer fand dann am nächsten Tag statt.




Auf dieser Reise gab es keine Postkartenlandschaften, wie in dem gelesenen Reisebericht, sondern Norwegen zeigte wohl sein normalstes Gesicht. Das minderte aber den Erlebnisfaktor keineswegs. Wir sahen diese fantastischen Landschaften zwar nicht unter stahlblauem Himmel, sondern oft geheimnisvoll hinter Vorhängen aus wild tanzenden Flocken und Nebel halb verborgen. Aber vor allem, die Feen in ihren grünen Schleiern, sie tanzten auch für uns.

Im Winter ist dies wohl eine Überraschungsreise mit Expeditionscharakter - wie der Reiseleiter bei der Begrüßung schon sagte - schaun wir mal, was uns erwartet! Städtereise ist es sicher keine, sondern sollte unter dem Motto stehen: 

Gemma Natur schaun!